Hilft der Resonanzbegriff des Soziologen
Hartmut Rosa, Kriterien für gelingende Kommunikation in virtuellen und hybriden Settings zu definieren? Die Definitionsmerkmale sind eine Meta – Checkliste für das Design von Events, deren Wirkung über reine Informationsvermittlung hinaus gehen und eine Wirkung erzielen sollen.
Hans Gärtner, Radical-Inclusion
Resonanz ermöglichen
Mir ist bewusst, dass ich mich jetzt auf dünnes Eis begebe: Ein oft profanes Ereignis wie eine hybride oder virtuelle Veranstaltung mit dem Begriff der “Resonanz” in Zusammenhang zu bringen, der – nach dem Konzept von Hartmut Rosa, eine “Soziologie für eine Weltbeziehung” darstellt. Aber, bei einigen Aspekten gelingender Kommunikation in hybriden oder virtuellen Begegnungen kam mir sein Werk in den Sinn.
Die Merkmale von Rosas Resonanzbegriff definieren für mich vor allem das Ziel, das wir anstreben, wenn wir digitale oder hybride Kommunikationsformate designen. Resonanz sollte passieren, erlebt werden. Das lenkt den Blick auf die Gesamtheit der Aspekte, die in einer solchen Situation betrachtet werden müssen: Die Objekte (Technik, Logistik, Locations) wie auch die Subjekte (Teilnehmende, andere Stakeholder). Hier wird deutlich, wie viele Parameter für mich als Eventdesigner eine Rolle spielen können, die ich aber nicht alle und schon gar nicht vollständig kontrollieren kann – und nach Rosas Modell der “Unverfügbarkeit” – auch nicht sollte. Es ist jedoch hilfreich, sie zu kennen und zu verstehen. Hartmut Rosa definiert vier Merkmale, die bei Erfüllung eine Rssonanzbeziehung ermöglichen:
Intrinsisches Interesse
Mein Gegenüber (egal ob Objekt oder Subjekt) berührt mich, bewegt mich “ich lasse mich anrufen“. Bei digitaler Kommunikation kann dieses Gegenüber auch die Techniknutzung selbst sein. Die Technik ist demnach nicht nur Mittel zum Zweck. Die Örtlichkeit, in der ich mich befinde und an einer Kommunikation teilnehme, kann genau so ein “Player” sein wie die Subjekte (Personen), mit denen ich in Interaktion trete. Die Anforderungen an das Design hier sind Sorgfalt in der Technikauswahl und Vorbereitung der Teilnehmenden für eine effektive Nutzung. Bei hybriden Veranstaltungen ist die Interaktion zwischen allen Teilnehmenden sicherzustellen, egal in welchem Kanal und von welchem Ort aus sie an der Kommunikation partizipieren.
Selbstwirksamkeit
Ich selbst habe das Gefühl, in der Interaktion eine Spur zu hinterlassen. Also, nicht nur passiv etwas aufnehmen, sondern selbst eine Wirkung zu erzielen. Als Designer heißt das, technisch, logistisch und seitens der Moderation sicherzustellen, dass Interaktion geschehen kann: Daher die Ansprache zwischen Vor-Ort Teilnehmenden und virtuell Zugeschalteten ständig wechseln, unterschiedliche Kommunikationsformate entsprechend der individuellen Kommunikationspräferenzen vorsehen (schriftlich, mündlich, Dialog im kleinen Kreis, Plenum, verschiedene Ausdrucksformen).
Transformation
In der Interaktion verändert sich etwas bei mir – und eventuell auch bei dem anderen, eine neue Sichtweise auf ein Problem oder ein Thema entsteht. Ob eine solche Transformation wirklich passiert, obliegt natürlich den einzelnen Teilnehmenden. Für Designer von Kommunikationssituationen gilt, dass Räume – oder besser – Gefäße bereitgestellt werden, in denen so etwas passieren kann. Entstehen und Ausmaß von Transformationen sind beeinflusst von der Auswahl und Diversität der Themen und der Beteiligten, dem Einbringen kontroverser Standpunkte und dem Flow der Veranstaltung.
Momente der Unverfügbarkeit
Nicht alles ist kontrollierbar. Man hat es mit einem Gegenüber zu tun, das immer ein bisschen eigensinnig, widerspenstig ist. Das andere bleibt weiterhin anders und ich muss weiterhin noch etwas neues im Anderen entdecken können. Für Designer heißt das: Risiken eingehen, Offenheit für Scheitern zu zeigen (auch daraus kann Resonanz entstehen!), Experimente für Begegnungsräume, für Technik, für Formate zuzulassen.
Für mich ist “Resonanz” eine gute Meta – Checkliste, um zu prüfen, ob in meinem Kommunikationsdesign diese Kriterien erfüllt sind.